20.05.2020 | Flachdach

Die wichtigsten Infos zur Flachdachsicherung

Alles was du schon immer über die Sicherung deines Flachdachs wissen wolltest. Flachdachsicherung ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Maßnahmen zum Schutz vor Abstürzen von Dachflächen bis 10° Neigung. Mit Flachdachsicherungen sind sowohl individuelle als auch kollektiv schützende Maßnahmen gemeint, die keine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) erfordern, also beispielsweise Seitenschutz in Form eines Gerüsts oder Schutzgeländers.

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Die Auswahl des geeigneten Systems ist abhängig von den örtlichen Gegebenheiten wie der Neigung und zulässigen Belastung eines Dachs, der Form und den Abmessungen der Attika sowie der Gebäudehöhe.

Stefan Auinger

Flachdachsicherung ist ein Sammelbegriff für unterschiedliche Maßnahmen zum Schutz vor Abstürzen von Dachflächen bis 10° Neigung. Mit Flachdachsicherungen sind sowohl individuelle als auch kollektiv schützende Maßnahmen gemeint, die keine persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz (PSAgA) erfordern, also beispielsweise Seitenschutz in Form eines Gerüsts oder Schutzgeländers.


Warum Flachdachsicherung?

Weltweit sind mehrere Milliarden Quadratmeter Flachdächer verbaut, die mindestens einmal jährlich von einem Fachmann zu Wartungs- oder Instandhaltungsarbeiten begangen werden müssen. Jeder zweite tödliche Unfall auf Gebäuden ist ein Absturz, rund 50 % davon sind Absturzunfälle von Dächern. Eine Sicherung von Flachdächern ist daher nicht optional, sondern eine notwendige Maßnahme um Sicherheit bei Dacharbeiten zu gewährleisten und Leben zu sichern.Beim Thema Wartung und Instandhaltung von Flachdächer sollte nichts dem Zufall überlassen werden. Vorsorge und Pflege sichern einem fachgerecht ausgeführten Dach eine lange Lebensdauer.

 

Zu den wichtigsten Arbeiten auf Flachdächern zählen:

  • Dachinspektionen und -begehungen durch beauftragte Personen

 

  • Dachdecker- und Spenglertätigkeiten

 

  • Reinigung von Dachrinnen und Fallrohren, Dachabläufen und Entwässerungsrinnen

 

  • Überprüfung und Reinigung von Lichtkuppeln und sonstigen Belichtungselementen

 

  • Wartung und Pflege von Rauch- und Wärmeabzügen (RWA)

 

  • Installation und Wartung von Photovoltaikanlagen

 

  • Pflege von Grünflächen

Eine Sicherung von Flachdächern ist prinzipell ab einer Absturzhöhe von 3 Metern zwingend vorgeschrieben, wobei bei Verkehrswegen bereits ab einer Höhe von 2 Metern eine Absturzsicherung eingeplant werden muss. Auch Dachdurchdringungen, wie z.B. Lichtbänder oder Lichtkuppeln müssen dauerhaft durchsturzsicher gestaltet werden.

 

Kollektivschutz vs. Individualschutz

Europäische Normen schreiben vor, dass bei der Auswahl der geeigneten Absturzsicherung der Kollektivschutz (z.B. Geländer, Attika, Brüstung, Durchsturzgitter) dem Individualschutz immer vorzuziehen ist. Als kollektive Absturzsicherung wird eine Sicherungsmaßnahme verstanden, die Personen vor einem Absturz schützt, indem sie den Zugang zur Absturzkante versperrt. Individualschutzlösungen hingegen werden eingesetzt, um durch Rückhalte- oder Auffangsysteme den Sturz zu verhindern oder abzufangen. Sie werden von einer Einzelperson mitgeführt, und sichern daher auch immer nur diese Person.

Neben der Anzahl der gesicherten Personen ist das wichtigste Unterscheidungsmerkmal zwischen Kollektiv- und Individualschutz die benötigte Ausrüstung am Dach. So sind Personen die auf einem Flachdach unterwegs sind, über den Kollektivschutz auch ohne Anlegen der PSAgA geschützt. Sind auf einem Dach nur Individualschutzmaßnahmen vorhanden, bedarf es zwingend der persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz.

 

Kollektivschutz: Gerüst oder Schutzgeländer

Schutzgeländer für flache und bis zu 10° geneigte Dächer, sollen verhindern, dass Personen der Absturzkante zu nahe kommen oder diese sogar übertreten und dadurch abstürzen. Als Kollektivschutzmaßnahme bieten Geländer einen gleichzeitigen Schutz mehrerer Personen, ohne Verwendung der PSAgA. Für die Sicherheit von öffentlich zugänglichen Dachflächen bzw. auch bei Dachgärten, Terrassen, Spielflächen usw. sind ortsfeste Umwehrungen daher vom Gesetzgeber zwingend vorgeschrieben. Eine mit dem Bauwerk errichtete, mindestens einen Meter hohe, umlaufende Brüstung bietet dauerhafte Sicherheit für Menschen, die sich auf dem Dach aufhalten. Geeignet ist aber auch ein starres oder klappbares Geländer, das mit dem Bauwerk fest verbunden ist. Mittlerweile erfüllen diese Geländer auch optisch höchste Ansprüche und fügen sich aufgrund ihrer Eigenschaften (klapp- und neigbar, erhältlich in diversen Farbvarianten, auf allen Dachvarianten montierbar, etc.) nahtlos in die Architektur jedes Gebäudes ein.

Bei temporären Aufenthalt am Flachdach zu Wartungs- und Instandhaltungszwecken sind ebenfalls Sicherungsmaßnahmen erforderlich. Wurden bei der Erstellung eines Bauwerks die Planung geeigneter Schutzmaßnahmen verabsäumt, ist die nachträgliche Montage eines Seitenschutzes bzw. Geländers möglich. Neben ortsfesten Geländersystemen, die großteils auch nachträglich installierbar sind, sind diverse mobile Systeme am Markt verfügbar. Diese sind zumeist mit Eigengewichten ausgestattet, die auf der Dichtungsebene aufliegen, ohne diese zu beschädigen. Möglich ist alternativ auch eine Befestigung des Geländersystems an der Attika. Die Auswahl des geeigneten Systems ist abhängig von den örtlichen Gegebenheiten wie der Neigung und zulässigen Belastung eines Dachs, der Form und den Abmessungen der Attika sowie der Gebäudehöhe.

 

Individualschutz: Einzelanschlagpunkte 

Um sich auf dem Flachdach sicher bewegen zu können, benötigen Höhenarbeiter im Rahmen des Individualschutzes eine Anschlagmöglichkeit für ihre persönliche Schutzausrüstung gegen Absturz. Einzelanschlagpunkte (EAP) ermöglichen dem Anwender, sich bzw. ihren Auffanggurt über ein Verbindungsmittel festzumachen. Sie sind in der Regel mit einer Anschlagöse ausgestattet, an der zum Beispiel ein Karabiner (gemäß EN 362) befestigt wird. Je nach Verwendungsart hält diese Sicherungsvariante den Anwender auf Abstand zur Absturzkante, um entweder einem Sturz vorzubeugen (Rückhaltesystem) oder sie fängt den bereits Stürzenden auf (Auffangsystem).

Bei Einzelanschlagpunkten gilt, dass der Abstand von der Absturzkante mindestens 2,5 Meter betragen muss. Zudem müssen die Anschlagpunkte auf dem Dach so platziert werden, dass der Anwender seinen Einsatz- bzw. Arbeitsort am Dach, beispielsweise eine Lichtkuppel oder eine Photovoltaikanlage bequem erreichen kann. Sich darüber hinaus aber weiter an die gefährliche Absturzkante eines Dachs zu begeben sollte hingegen vollständig ausgeschlossen werden.

 

Individualschutz: Seilsysteme

Als Alternative zum Kollektivschutz eignen sich außerdem Seilsysteme mit Auffanggurt bzw. Sicherheitsgeschirr zur Absturzsicherung für Reparatur- und Wartungsarbeiten auf Dächern, die nicht dauerhaft genutzt oder begangen werden. Prinzipiell gilt auch hier, dass die Entfernung der Punkte eines Seilsicherungssytems zur Absturzkante mindestens 2,5 Meter betragen sollte. 

Mit der Verwendung von Seilsicherungssystemen soll eine durchgehende und überfahrbare Absturzsicherung gewährleistet werden. Seilsysteme bestehen aus Stahlseilen, die mindestens zwischen zwei einzelnen Anschlagpunkten befestigt sind und verfügen über Endbefestigungen inkl. Spannelemente (Endschloss) und Zwischenhalter. Weiters können auch Ecken (Eckdurchlaufelemente) mit unterschiedlichen Winkeln ausgebildet werden. Die Anschlagpunkte bzw. Stützen des Seilsystems können je nach Einsatzort auf nahezu allen Untergründen in der Dachkonstruktion, an der Attika oder anderen geeigneten Bau- oder Fassadenteilen sowohl horizontal als auch vertikal verankert oder verschraubt werden. Weiters können Anschlagpunkte auch durchdringungsfrei unter einer Auflast aus Kies, Betonplatten oder Pflanzensubstrat am Dach installiert werden. 

Grundsätzlich kann zwischen überfahrbaren und nicht überfahrbaren Seilsystemen unterschieden werden, wobei ein überfahrbares Sicherungssystem größere Sicherheit bietet. Bei überfahrbaren Lösungen fährt der eingesetzte Seilgleiter, an dem sich der Anwender mit seiner PSAgA einhängt, nahtlos über alle Zwischenstützen und Eckelemente. Ergebnis ist in kontinuierlicher Arbeitsvorgang bei größtmöglicher Sicherheit ohne umständliches Aus- und Umhängen im Seil nach jedem Zwischenelement. Horizontale Seilsicherungssysteme werden nach EN 795 geprüft und zertifiziert. Weitere Informationen über die korrekte Planung von Absturzsicherungssystemen finden Sie in unserem Mediacenter in den Planungsgrundlagen der AUVA.