Gesetzliche Rahmenbedingungen beim Fensterreinigen
Es liegt naturgemäß im Interesse der Eigentümer von Gebäuden, selbige zu schützen und etwaigen Schäden und möglicherweise erforderlichen Renovierungsarbeiten vorzubeugen. Dazu sind regelmäßige Kontrollen sowie Instandhaltungsmaßnahmen und Reinigungsarbeiten an den Fassaden und Fenstern nötig. Auch wenn Bauherren und Architekten alle damit einhergehenden Sicherheitsaspekte rechtlich verpflichtend bereits bei ihrer Planung berücksichtigen müssen, ist die Fensterreinigung je nach Bauwerk und Fassadenbeschaffenheit mit einem enormen Gefahrenpotenzial verbunden. Abstürze zählen zu den häufigsten Arbeitsunfällen – und nicht selten enden diese auch tödlich. Arbeitgeber sind daher gesetzlich verpflichtet, die zahlreichen Risiken, die beispielsweise die Fensterreinigung mit sich bringt, so gering wie möglich zu halten, um ihr Personal entsprechend zu schützen. Als Facility Manager tragen Sie demnach eine enorme Verantwortung Ihren Mitarbeitern gegenüber.
Hier die dahingehend relevanten Richtlinien(Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften) auf einen Blick:
- 89/655/EWG„Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung von Arbeitsmitteln durch Arbeitnehmer bei der Arbeit“
- 89/656/EWG„Mindestvorschriften für Sicherheit und Gesundheitsschutz bei Benutzung persönlicher Schutzausrüstungen durch Arbeitnehmer bei der Arbeit“
- 92/57/EWG„Die auf zeitlich begrenzte oder ortsveränderliche Baustellen anzuwendenden Mindestvorschriften für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz“
„Die Einhaltung von Mindestvorschriften zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes bei Benutzung von Arbeitsmitteln ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Gewährleistung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer“, heißt es dazu im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften. Bei all diesen Vorschriften handelt es sich um Mindeststandards, die Sie natürlich durch individuelle Verbesserungen weiter optimieren können.
Normen bei der Fensterabsturzsicherung
Sehr häufig sind die zu reinigenden Glasflächen nur sehr schwer zugänglich, was den Einsatz von unterschiedlichen Aufstiegshilfen notwendig macht. Sobald die Fallhöhe mehr als 60 cm beträgt, sind unter gewissen Voraussetzungen Fensterabsturzsicherungen vorgeschrieben. Grundsätzlich gelten hierbei folgende Reichweiten vom Standplatz des Mitarbeiters aus betrachtet: ca. 1,8 Metern nach oben bzw. 0,5 Metern zu beiden Seiten hin. Wenn sich die Reinigungskraft über einen Vorbau oder eine Brüstung nach außen beugen muss, gilt eine Reichweite von 0,6 Metern. Darüber hinaus muss die Brüstung mindestens 95 cm hoch sein, damit die Arbeiten vom Boden aus durchgeführt werden dürfen. Bei Über- oder Unterschreitung dieser Limits sind technische Hilfsmittel inklusive ordnungsgemäßer Absturzsicherung vorgeschrieben.
Wie hoch muss eine Absturzsicherung sein?
Grundsätzlich sind bei der Fensterreinigung kollektiv wirkenden Schutzmaßnahmen wie etwa fest montierbare Absturzsicherungen (Gerüstwehr oder Geländer) zu bevorzugen. Wenn diese vor Ort nicht durchführbar sind, müssen geeignete Persönliche Schutzausrüstungen wie etwa Sicherheitsgeschirre (PSA) verwendet werden, die an stabilen Bauteilen oder Anschlageinrichtungen mit einer Auffangkraft von mindestens 7,5 kN befestigt werden müssen. Die Höhe der Absturzsicherung richtet sich nach der Absturzhöhe und muss mindestens 100 cm betragen. Ab einer Absturzhöhe von 12 Metern liegt die Mindesthöhe der Sicherung bei 110 cm (immer von der Standfläche der Reinigungskraft gemessen).
Zudem dürfen Fensterbänke bei der Reinigung nur dann betreten werden, wenn sie eine Mindestbreite von 25 cm aufweisen und auch über eine ausreichende Tragfähigkeit verfügen. Arbeitsplätze, die in einer Höhe von mehr als zwei Metern liegen, erfordern entweder eine permanente Installation oder vorübergehend installierte Einrichtungen wie Hubarbeitsbühnen bzw. Gerüste, die ordnungsgemäß befestigt und entsprechend tragfähig sind. Im Prinzip richten sich die meisten Vorgaben in puncto Fensterabsturzsicherung nach dem gesunden Menschenverstand. Weiterführende Infos finden Sie unter folgenden Links:
Arbeitsvorbereitung
Vor Beginn der Fensterreinigungsarbeiten müssen die Gefahren ermittelt und die erforderlichen Schutzmaßnahmen getroffen werden. Da kein Gebäude dem anderen gleicht und somit auch bei der Fensterreinigung immer wieder mit neuen Herausforderungen zu rechnen ist, können naturgemäß auch die Gefahrenquellen sehr variantenreich sein. Als Facility Manager sollten Sie die Arbeitsbereiche Ihrer Mitarbeiter daher genau analysieren und etwaige Risiken identifizieren. Nur so sind Sie in der Lage, die richtigen Schutzmaßnahmen zu definieren und umzusetzen. Dabei ist auch die Unterscheidung der Begriffe Gefahr und Gefährdung von zentraler Bedeutung – siehe dazu auch den Blogbeitrag „7 Schritte der Gefährdungsbeurteilung“.
Bei der Ermittlung bzw. Bewertung der Gefahren und Gefährdungen für Ihr Fensterreinigungsteam können Sie in sieben Schritten vorgehen:
Gefährdungen beurteilen:
- Arbeitsbereiche & Tätigkeiten erfassen
- Gefährdungen ermitteln
- Gefährdung beurteilen
- Schutzmaßnahmen festlegen
- Maßnahmen durchführen
- Wirksamkeit überprüfen
- Dokumentieren & Fortschreiben
Wenn es um die Ermittlung von Absturzgefahren geht, dann sind vor allem die folgenden Parameter zu berücksichtigen:
- Der Höhenunterschied zwischen Absturzkante und tiefer liegender Fläche sowie die Beschaffenheit dieser, damit eruiert werden kann, was im Fall eines Absturzes mit dem jeweiligen Mitarbeiter passieren kann (versinken, ersticken, ertrinken, aufspießen, verätzen …)
- Abstand zur Absturzkante
- Handelt es sich um körperlich leicht oder anstrengende bzw. kurzzeitige oder längere Tätigkeiten usw.
- Witterungsverhältnisse wie Frost, Sturm, Hitze, …
- Sowie die Sichtverhältnisse bzw. Gegenlicht
Darüber hinaus ist bei der Planung der Schutzmaßnahmen nach dem (S)TOP-Prinzip (Substitution, technische- und organisatorische Maßnahmen sowie persönliche Schutzmaßnahmen) vorzugehen.
Die möglichen Hilfsmittel
Bei den Hilfsmitteln wird wie folgt unterschieden:
- Kollektivschutz wie etwa Fassadengerüst oder Seitenschutz
- Alternative Arbeitsmittel, zu denen das Rollgerüst, die Hubarbeitsbühne oder die Podestleiter zählen sowie
- Persönliche Schutzmaßnahmen und
- organisatorischen Maßnahmen.
Zu einer verordnungsgemäß sicheren Fensterreinigung zählen unter anderem auch Hilfsmittel wie Tritte, Leitern (unter Beachtung der jeweiligen Gebrauchsanleitungen) und Fensterbänke, die genutzt werden müssen, wenn die Fenster vom Boden aus nicht sicher erreichbar sind. Große Geschoßhöhen (ab zwei Metern) stellen dabei eine besondere Gefährdung dar, sodass vorzugsweise fest installierte Schutzvorrichtungen zu verwenden sind. Sollten diese technischen Schutzmaßnahmen nicht umsetzbar sein, müssen personenbezogene Maßnahmen eingeleitet werden.
Mögliche Aufstiegshilfen
Es liegt vermutlich auf der Hand, dass Bürosessel oder gar Getränkekisten nicht zu den in den jeweiligen Verordnungen angeführten Aufstiegshilfen zählen. Hier müssen vielmehr Tritte oder Leitern zum Einsatz gebracht werden. Zudem ist natürlich auch auf ein taugliches, rutschfestes Schuhwerk zu achten, und es dürfen keine sperrigen oder schweren Gegenstände mitgenommen werden.
Hier die Aufstiegshilfen im Detail:
- Tritte mit oder ohne Rollen. Dabei handelt es sich um Aufstiege bis zu einer Höhe von einem Meter. Tritte mit Rollen müssen bei Belastung gebremst werden, und ein ungewolltes Zusammenklappen muss auszuschließen sein. Darüber hinaus müssen Tritte mit einem rutschfesten Belag beschichtet sein.
- Bei den Leitern unterscheidet man zwischen Anlege- oder Anstellleitern, Stehleitern und Schiebeleitern. Erstere müssen auf sicherem Untergrund stehen und sind vorwiegend für kürzere und weniger anspruchsvolle Arbeiten vorgesehen. Bei Schiebeleitern ist stets auf das Einrasten der Verlängerung zu achten. Stehleitern dürfen nicht als Anlegeleitern verwendet werden, da weder Füße noch Leiterkopf für eine derartige Nutzung konstruiert wurden. Die oberste Stufe oder Sprosse darf nur mit einer angebauten Sicherheitsbrücke oder Haltevorrichtung bestiegen werden.
Gefahrenlose Fensterreinigung
Vor allem dann, wenn sich Gebäudereiniger bei ihrer Arbeit aus dem Fenster beugen müssen wie etwa bei Oberlichten, die sich nicht öffnen lassen, besteht ein hohes Absturzrisiko. Hier ist ab einer Arbeitshöhe von einem Meter eine Absturzsicherung verpflichtend. Vorzugsweise sind dies kollektive Schutzmaßnahmen wie Umwehrungen oder Geländer. Sollte das vor Ort nicht möglich sein, ist eine Persönliche Schutzausrüstung erforderlich. Reinigungslaufstege müssen mindestens 0,5 m breit sein und dürfen keine größeren Öffnungen als 35 mm aufweisen. Der Arbeitsplatz selbst muss mindestens 0,5 m x 0,5 m groß sein.
Fazit
Grundsätzlich sind Arbeitgeber für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter verantwortlich. Daher sollten sie die Gefahrenquellen und etwaige Risiken möglichst genau identifizieren und bewerten, um die entsprechenden Schutzmaßnahmen ergreifen zu können. Dies ist umso wichtiger als gerade Stürze bzw. Abstürze statistisch betrachtet einer der häufigsten Arbeitsunfälle darstellen. Die gesetzlichen Vorgaben sollten daher ganz genau eingehalten werden – sonst steht nämlich der Arbeitgeber in der Haftung.
Haben Sie noch Fragen zu diesem Thema? Dann melden Sie sich einfach bei uns! Die Profis von INNOTECH stehen Ihnen sehr gerne mit Rat und Tat zur Seite! Holen Sie sich zudem gleich unsere kostenlose Checkliste! Hier finden Sie weitere nützliche Tipps für Ihre professionelle Fensterabsturzsicherung.